1. Flaschensatz:
"Jedem Fisch seine Brezel"
Ruinen haben etwas Belebendes auf mich - nachdenklich wird von Miwin
die Zukunft der Vergangenheit betrachtet. Ein strenger Wurm wird
zwischen seinen Füßen gekrochen.
Katz und Schildkrot halten sich nicht an Regeln, weder an die von
Sarrus, noch an die einer Ampel. Und so gingen sie beide in den Tod.
Bei rot. Unter die Erde.
Und der Wurm hinterher. Zum Mahl.
Kotsucher sterben nicht aus! Würmer selten, Gedanken manchmal. Kunst
öfter.
Gott immer. Die Zeit ist gestorben, liegt begraben am Zentral. In ihr
die Würmer.
Zu Miwins Füßen. Ein lebendiger Friedhof.
Miwin leerte sich aus, hinein ins Jetzt: Ein Blinder erklärte ihm die
Farben, ein Tauber die Musik. Ein Sträfling die Gesetze, ein Koch das
Pissoir.
Ein Schaffner die Straßenbahnlinien, ein Pompfeneberer die Gräber, im
Dienst, nach der Jausen.
Miwin eilt zum Blumenstand, Erinnerungen, Gefühle - bestimmte Gefühle
sind für bestimmte Anlässe bestimmt: ein trauriger Anlaß,
ein trauriges Gefühl. Blumen.
Ein Strauß blauer Plastikblumen - laub-froschblau - herrlich, ich
liebe Plastik, es hat so etwas Natürliches an sich. Zurück, am
Mahnmal der Zeit in eine Vase gestellt, mit Petrolium begossen,
angezündet. Es stinkt, wie die Zeit jetzt, jetzt, wo sie verwest. Es
war seine Mutter, die Zeit. Ein stilles Gebet, er geht.
Ein Blick zurück, ein Lächeln: sie war romantisch, seine Zeit.
Die Tram. Hastig überquert er die Straße. Bei rot.
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2. Flaschensatz:
"Jedem Pferd sein Fleisch"
Es gibt wenig Dinge, die man nicht verschenken kann. Das hat auch
Miwin erkannt, als er die Straße entlang schlendert. Er sucht ein
Geschenk für Renate, er wird sie heute Abend im "Bücke Dich" treffen.
In einer Paper-Box sieht er die neuen Zündhölzer, sie haben die
Köpfe auf der anderen Seite, mit ihnen Feuer zu geben, stellt eine
echte Herausforderung an die Intelligenz dar. Bei einigen
Zahnbürsten sind die Borsten verkehrt herum hineingesteckt worden,
was doch etliche Verwirrung verursacht. Miwin betritt das Geschäft
und wählt ein maikäferblaues Tee-Häferl, bei dem der Henkel innen
angebracht ist, ein nettes Präsent als Draufgabe. Beim Zeitungskiosk
ersteht er noch drei luftige Wurstsemmeln. Nun noch in ein
Zoogeschäft.
Der Weg zum Litschauer ist beschwerlich um diese Zeit, sich durch das
Gewühl der Menschen zu drängen bedarf doch einiger Übung. Frau
Litschauer hat gerade eine Sendung norddeutscher Geld- oder
Pleitegeier erhalten, sie bekommen lebende Junge und verwechseln Tag
und Nacht. Zwei Rie-sengiraffen sprechen Miwin besonders an, er denkt
an Renates kleine Wohnung, sie würden wirklich gut hineinpassen, auch
von der Farbe her. "Was kosten die?" - "Acht Schilling fünfundsechzig,
mit Mehrwertsteuer." - "Sind diese Giraffen auch stubenrein?" Sie
sind es und Miwin nimmt sie mit.
In der 43er Straßenbahn gibt es allerdings einige Schwierigkeiten mit
den Tramway-Erotikern:
"Sans deppert", "Schleich di g’söchter Aff", Hurnbädl, hinicher". Je
stärker der Dialekt, desto geringer der Intellekt, stellt Miwin fest,
als er beim Schottentor aussteigt.
Vor einer Elektrohandlung steht ungeduldig eine riesige
Menschenschlange, hier gibt es im Sonderangebot Badewannen mit
Stromanschluss für Suizidtendenziöse. Nach welchen Kriterien stellen
sich die Leute hier an?, wo liegen die Prioritäten, ist es das Alter,
die Stärke, die Schönheit? Nein, wahrscheinlich nach dem Alphabet,
denn sonst sind keine äußeren Merkmale erkennbar, die in auf- oder
absteigender Folge zu registrieren wären.
Ein älterer Mann spricht ihn an: "Ich habe Schwimmflossen, weißt Du,
Schwimmflossen, und Du, hast Du auch Schwimmflossen?" Nein, Miwin hat
keine und schlendert weiter, während eine alte Dame, die des gleichen
Weges geht, verzweifelt versucht, die Giraffen hinter dem Ohr zu
kraulen.
Er lässt die Giraffen vor der Tür stehen und bückt sich ins
"Bücke Dich".
Das Achtel Rot, das Renate in den Händen hält, ist schon halb geleert.
Ihr Anblick macht ihn kirre. Sie steht am Tresen: "Es ist manchmal
schöner auf jemanden zu warten, als die Zeit mit ihm zu verbringen!"
"Ich habe Dir was mitgebracht", Miwin überreicht ihr das Häferl.
"Ich habe Dir was mitgebracht", Renate zieht eine Trimeresurus
sumatranus aus der Tasche.
"Entzückend!", Miwin ist begeistert, "ich werd’ ihr das Klettern
beibringen."
Renate entfernt den Inhalt ihres Portemonnaies und gibt ihn in das
Häferl, hängt sich dieses um den Hals, ihre Geldbörse haut sie weg,
sie war eh schon viel zu alt.
"Kumm, mir setzen se ausse", sie nehmen sich zwei Sessel und begeben
sich nach draussen: "Die beiden Giraffen sind auch für Dich, sie sind
schon sehr zutraulich und sollen ausgezeichnet schwimmen können, Du
kannst sie also ruhig ins Stadthallenbad mit nehmen." Sprachlos vor
Freude betrachtet sie die Tiere.
"Die kleine ist so blau, wie der Herbst, groß und schwach, die große
ist so alt wie ein Weg, weit und breit."
Renate bestellt sich noch einen Liter, Miwin eine Eierspeis mit
Schlag. Der Ober bringt das Gewünschte, Renate nimmt einen kräftigen
Zug. "Ich gebe meinem Häferl einen Namen, es heißt jetzt "Unbedingt",
ich finde, das passt." - "Und die Giraffen?"
"Na, die kleine soll "Namenlos" heißen." - "Und die große?"
"Die tauf ich Kaspar Hauser". "Gut."
"Übrigens, Dagmar, eine Freundin von mir, fühlt sich sehr einsam, sie
wünscht sich ein Kind."
"Ja, und?" "Wir könnten hingehen." "Einverstanden."
"Sie ist außerdem fromm wie eine Kirchenmaus", Miwin nickt "das kann
ich verstehen!", er schiebt sich die letzten Bissen in den Mund: "Wie
alt ist sie?" Renate streckt die Hand über ihren Kopf: "Ich bin um
soviel größer als sie."
Nach der Aufforderung zum Zahlen bringt der Kellner die Rechnung.
"Ich bezahle mit Kaspar Hauser", sagt Renate und zu Miwin gewandt
"man soll Freude weiter verschenken!"
Sie erheben sich. Plötzlich fängt Renate schallend zu lachen an,
dabei verfärbt sich ihr Gesicht vor Anstrengung, sie schüttelt sich,
presst die Arme gegen den Leib, die Adern an ihrem Hals treten hervor,
das Lachen wird verkrampfter, Blut spritzt aus ihrer Nase, die Augen
erweitern sich. Rötlicher Schleim rinnt aus ihrem Mund, sie krümmt
sich zu Boden, röchelt und lacht, reißt sich ihre Bluse vom Leib. Ihr
Oberkörper ist dicht behaart, ihre formschönen Brüste zittern noch
unmerklich von dem sich nun beruhigenden Körper.
Jetzt ist sie ganz ruhig und richtet sich wieder auf. Sie hebt ihr
Häferl "Unbedingt" unter ihr rechtes Auge, mit der anderen Hand
massiert sie dieses Auge, bis eine eitrig-gelbe Flüssigkeit in das
Häferl sickert. Das Auge ist nur noch eine verschwommene Masse, ihre
Finger verschwinden schon fast bis zur Hälfte in der Höhle. Ihre
Haare auf der Brust sträuben sich ein wenig, als sich ihre Hand vom
Auge zurückzieht. Ein schwarz-rotes Loch.
Mit dem linken Auge betrachtet sie nun den Inhalt von Unbedingt, Geld
vermischt mit Augenlicht, sie spitzt ihre Lippen, als ob sie es
trinken wolle, doch sie beginnt wieder zu lachen, lacht und lacht.
Ihre strahlend gelben Zähne spiegeln dabei die entsetzten Gesichter
der Umstehenden wider.
Es dunkelt bereits, als Renate und Miwin die Treppe zu Dagmars
Appartement hinunter erklimmen. "Wir sollten ihr ein paar Blumen
mitbringen, was meinst Du?" wendet sie sich zu ihm. "Daran habe ich
schon gedacht, ich überreiche Dich, ein Mauerblümchen!" Sie klingeln,
Schritte nähern sich der Tür. Dagmar öffnet.
Der erste Eindruck ist enttäuschend. Ein kleines gebrilltes Wesen mit
viel zu weiten Kleidern blinzelt verlegen zu ihnen hinauf. Sie
versucht ein einladendes Lächeln hervorzubringen, es mißlingt. Übler
Mundgeruch breitet sich aus. Dagmar bittet uns einzutreten und eilt
voraus durch den riesigen Flur. Dieser dürfte etwa 25 Meter lang und
30 bis 35 Meter breit sein. Da er nur zirka 1,60 Meter hoch ist,
müssen sich Renate und Miwin bücken, während Dagmar gezielt auf die
einzelne Tür an der gegenüberliegenden Wand zusteuert. Neonröhren
erleuchten diesen weißgetünchten Raum, vereinzelt hängen Bilder an
den Wänden, die man jedoch der großen Entfernung wegen nicht deutlich
genug erkennen kann. In der Mitte steht etwas schief ein
altertümlicher Kleiderständer, an dem ein grüner Mantel hängt, der
aber zu mehr als einem Drittel am Boden aufliegt. Renate zieht ihre
Schuhe aus und steckt sie in die Taschen dieses Mantels. Inzwischen
hat Dagmar die Tür erreicht und verschwindet dahinter. Als die beiden
Gäste zur Tür kommen und sie öffnen wollen, ist diese versperrt.
Etwas verwundert schaut Renate Miwin an: "Vielleicht schämt sie sich,
weil sie unter Mundgeruch leidet?!" - "Das glaube ich nicht, denn sie
leidet ja nicht unmittelbar darunter, sondern ihre Mitmenschen." -
"Dann will sie uns sicher nur eine Überraschung bereiten und braucht
dafür etwas Zeit, um Vorbereitungen zu treffen, ich bin dafür, wir
warten." - "Gut, einverstanden". In ihrer gebückten Haltung stehen
die beiden nun da und warten.
Nach vier Tagen völliger Ruhe vernehmen sie ein leises Glockengeläute,
zart und verwirrend.
Eine Melodie lässt sich erkennen.
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3. Flaschensatz:
"Die Unken unken zu den tauben Tauben"
Frühling wird’s. Dem Grau graute es vor dieser Veränderung. Das Grün
grünt, die Fliegen fliegen, die Spinnen spinnen und der Aal aalt sich
im Krotkot. Meisen reisen von Ast zu Ast, der Schneck haßt Hast. Im
Turm ein Wurm, der vom Friedhof.
Miwin tritt aus der Blätterfabrik, einer der schönsten Europas. Es
ist jedoch nur ein kleiner Teil einer riesigen Naturanlage, die ihm
als Sehenswürdigkeit empfohlen wurde. Dort der lebengebärende
Walnußbaum mit den protzenden Ästen, vor ihm das betende Gnu mit den
rotierenden Hörnern. Am Teich ein gläubiger Frosch der wandelnde
Früchte hütet und dabei vom frechen Uhu gehänselt wird. Im Schilf ein
zögernder Storch, von einem Rudel lächelnder Schlangen begleitet. Im
Wasser die wachsenden Fische. Am gegenüberliegenden Ufer verhöhnt
ein sadistisches Schaf ein nacktes Schwein. Eine Herde fliegender
Vögel streicht über das dunkelblaue Wasser die ersten goldgelben
Reflexe der einfallenden Sonnenstrahlen. Miwins Blick fällt auf einen
Schwarm singender Hirsche, wie sie das ros-tige Buschwerk am Hange
des schweigenden Berges mit ihren mächtigen Häuptern durchstehen. Er
läßt diese Umgebung noch einige Zeit auf sich wirken, dann wendet er
sich dem Ausgang zu. "Taxi!"
"Café Effenberger bitte." - "Sie möchten ins Effenberger?,
ja, da möchte ich natürlich auch hin, besonders mit Ihnen." Eine
nette Chauffeuse. Sie schaltet die Uhr ein, den Funk aus: "Damit wir uns
besser unterhalten können." Schweigen. Eine Ampel, rot. "Wir müssten
jetzt zwar links abbiegen, aber im Moment habe ich das dringende Bedürfnis,
nach rechts zu fahren", ein fragender Blick, "ich möcht so gerne
nach rechts fahren, weil..., weil ich so gerne Rechtskurven fahre." Eine
Ampel, rot. "Sie müssen das verstehen, mir fallen die Linkskurven einfach
sehr schwer, ich habe richtige Angst davor." Rot. Wir bleiben stehen. "Hören
Sie, immer wenn es dort in der Uhr klickt, ist es ein Schilling mehr für
mich und einer weniger für Sie." Sie fahren weiter. Geradeaus. Die Häuser
ziehen vorbei. Eine Ampel, - grün, Bremsen, Krach, Metall, Glas, Blut, rot.
Gaffende Bürger, Polizei, Rettung.
Kommissariat: "Aber ich sag’ Ihnen doch, beide Wagen waren leer! Es
saß niemand drinnen, weder im Taxi noch im LKW!" - "Und woher kam
dann das Blut? Überall war Blut. Nächster Zeuge!"
Ein Blinder: "Schrecklich, alles rot, doch für’s Taxi war die Ampel
grün, das weiß ich ganz genau, doch das Blut färbte alles rot, färbte
die ganze Kreuzung rot, ampelrot." - "Was wollen Sie denn hier, sie
sind ja blind ?!" - "Ja, ja, das ist wahr."
Zu dieser Zeit ist das Café Effenberger noch nicht sehr voll, sie steuern
auf einen gemütlichen Platz in der Mitte des Raumes zu, nehmen Platz, die
Chauffeuse bestellt zwei große Braune: "Wissen Sie, ich habe ein großes
Gelderhaltungsbedürfnis, ich lade gerne Fahrgäste wie Sie ein."
Der Kellner bringt zwei doppelte Wodka. "Aber wir haben doch..."
Miwin betrachtet sein Gegenüber etwas eingehender, ihre schiefen
Haare, ihre halblange Nase. Sie gefällt ihm.
Ein Herr vom Nebentisch grüßt freundlich herüber. "Grüß
Gott Herr Eifel," sie lächelt zurück, zu Miwin gewandt: "Der
Herr Eifel hat seinen Namen von dem berühmten Eifelturm. Ich," stellt
sich die Chauffeuse vor, "heiße Renate, obwohl mein Vater roh ist."
"Aha, das heißt, er ist Un-gar". "Jawohl, und ich studiere
Musikwissenschaften." - "Was ist denn da ihr Spezialgebiet, klassische
Gitarre à la Segovia, Klaviermusik von Bach oder Rock von Elvis?"
"Nein, ich komm bei der Musik von der Lautstärke her, mich
interessiert vor allem die Lautstärke der einzelnen Werke, die
Lautstärke der Instrumente und wie sie sich auf das Wohlbefinden der
Zuhörer auswirkt, - und was machen Sie?" - "Ich, ich bin ein Kind der
Zeit, und daher arbeitslos. Meine Mutter ist tot."
Renate schaut Miwin lange in die Augen: "Als Kind der Zeit sehen Sie
ganz verhungert aus, kommen Sie mit, ich habe eine kleine
Zimmer-Küche-Wohnung, gleich ums Eck, ich koch Ihnen was." - "Zahlen
bitte!" Und das, obwohl die Studenten so arm sind, dass sie sich
nicht einmal ein Wetter leisten können, die schönste Zeit ihres
Lebens ohne Wetter.
Sie gehen zu Fuß, zweieinhalb Stunden, steigen die Stiegen in den
23. Stock hinauf und freuen sich auf das Beisammensein. "Zieh bitte
die Schuhe aus."
Die perfekte Wohnung, zweckvoll und sauber: Der Teppich war an der
Decke befestigt, so konnte er nicht schmutzig werden. Als Fußboden
diente ein weitmaschiges Rost, unter dem eine fünfzehnzentimeterhohe
Wasserschicht vorbeiströmt, das erspart einerseits die Toilette,
regelt aber andererseits die Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur. Die
Beleuchtung durch diese Wasserfläche erzeugt ein angenehmes
indirektes Licht, welches durch die Licht-Schatten-Spiele,
hervorgerufen durch die sich im Wasser tummelnden Fische eine
beruhigende Aera schafft. Der Schrank wurde vor das Fenster gestellt,
das erspart die Vorhänge. Das an den Wänden wachsende Schilf erübrigt
jeden Wandschmuck. Die erogene Zone dieses Appartements fällt Miwin
sofort auf, der Soma-Tisch, in der Mitte dreier von Zyperngras
umwucherten Sitzkissen.
Die Ausstrahlung ist stark. Die dezente Musik scheint im Raum zu
schweben. Renate bringt zwei Aperitifs, während das Essen im
Mikrowellenherd gewärmt wird.
"Gefällt es Dir hier? Mach es Dir gemütlich." Ein Schluck, der
Schnaps tut gut. Miwin erfreut sich über den Formenreichtum der Natur,
als er seinen Blick über ihre Figur wandern lässt. Sie kommt aus der
Küche zurück.
Die aus zartem Kalbfleisch spagettihaft verarbeiteten Nudeln,
übergossen mit einer pikanten Kräutersauce, garniert mit einigen
exotischen Früchten und Gewürzen sind nicht nur für die Augen ein
Genuss, sie munden auch vorzüglich.
Zwei Whisky-Souer nach dem Mahl entfernen die Speiseatmosphäre und
lenken zum persönlichen Teil der Zweisamkeit hin. Er spührt ihren
Wunsch nach Zärtlichkeit in sich aufkommen und gibt ihn ihr zurück,
merkt, dass sie sich von störenden Einflüssen befreit, sich ganz für
ihn öffnet.
Und Sie will gefallen, gefallen in allen Phasen der Extase.
Der Morgen graut. Renate zieht seinen Kopf nochmals an sich heran,
"und ich wünsche Dir, dass ich gut schlafe." Es war schön.
Miwin steht auf, ein Blick zurück, ein Lächeln: Wenn ich sie zerteile,
schneide ich dabei nicht unbedingt ihr Herz entzwei.
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4. Flaschensatz:
"Zahlen erzählen"
Als der Fremde durch den Basar schlenderte, fiel sein Blick auf zwei
Würfelspieler, die sein Interesse weckten. Merkwürdige Würfel
benutzen sie, es waren drei unterschiedliche Würfel, deren Augen die
Zahlen von eins bis neun aufwiesen. Es schien, als ob diese beiden so
in ihr Spiel vertieft waren, daß sie ihr Umfeld vergaßen. Die beiden
Spieler waren sehr unterschiedlich, der eine klein und zart gebaut,
sein Alter war nicht zu schätzen. Braungefurcht war sein Gesicht. Der
andere schien edler Herkunft, noble Gewänder kleideten ihn, reicher
Schmuck zierten Hals und Arme.
Das Spiel war einfach, jeder Spieler würfelt mit einem Würfel, der
Spieler, der die höhere Augenzahl würfelt, erhält vom anderen eine
Münze. Und obwohl der gutgekleidete Herr stets als erster sich einen
von diesen drei Würfeln aussuchen konnte, sah es so aus, daß er
dauernd verlöre. Schließlich riß ihm die Geduld, er wollte das
Geheimnis dieser Würfel wissen, schienen sie doch magische
Eigenschaften zu besitzen. Nein, mehr noch, die Würfel wollte er auch
dazu. "Erzähl mir das Geheimnis dieser drei Würfel, ich biete dir die
Hälfte meines Vermögens".
"Die Dinge, die es nicht gibt" antwortete der andere, "diese Würfel
sind nicht für Dich bestimmt, - magst Du weiterspielen?".
"Nein,
ich will die Würfel und gebe dir meinen gesamten Besitz!" flehte der
Reiche. "Was soll ich mit Deinem Besitz, wo diese Würfel mir doch
alles ermöglichen!".
Alles Bitten und Betteln half nichts, der
Besitzer der Würfel blieb hart. Er bemerkte den Fremden und lud
diesen zum Spiel ein.
"Du bist Miwin, der Herr der Zahlen, ich bin
Sator, der Herr der Dinge. Ich habe lange auf Dich gewartet, Du bist
auf der Suche nach Erkenntnis, doch Du mußt jetzt eine Aufgabe
erfüllen, die Menschheit ist in Gefahr, dunkle Mächte breiten sich
aus, man kann sie nur durchs Spiel besiegen. Greife zu den Würfeln
und mach Dich auf den Weg".
Miwin ergriff die drei Würfel und besah
sie sich näher. Etwas Mystisches ging von ihnen aus, sie fühlten sich
seltam an, warm und kalt zugleich, weich und hart. Er schloß die
Augen und ließ die Eindrücke auf sich wirken. Fragen tauchten in ihm
auf, Bilder fremder Welten, anderer Existenzen. Er riß sich los von
diesen Eindrücken und öffnete die Augen.
Er war allein, allein am Strand eines kleinen Waldsees. Die Würfel
lagen immer noch in seiner Hand. Er steckte sie in die Hosentasche
und wanderte den See entlang. Am andern Ufer leuchteten die Fenster
einer Holzhütte. Am anderen Ufer, dachte Miwin, als er sich auf den
Weg dorthin machte, komisch, ein See hat doch nur ein Ufer.
Die Hütte war leer, das Mobiliar bestand aus einem Tisch, einem Stuhl
und einer Truhe. Die Truhe war versperrt mit einem Zahlenschloss.
Eine Inspiration ließ Miwin zu den Würfeln greifen. "Vielleicht
verraten sie mir die Zahlenkombination" dachte er sich und ließ die
Würfel über den Tisch rollen. Und richtig, die Würfel kamen grad zur
Ruhe, da fing das Schloß der Truhe zu rotieren an und sprang auf.
Ein Leder und ein Pergament befanden sich im Innern. Miwin rollte das
Leder auseinander, ein Beutel mit 10 Figuren kam zum Vorschein, neun
von einer Farbe, einer von einer andern. Auf dem Leder war ein
Spielplan, einundachzig Quadrate waren zu einem 9 X 9 - Feld
zusammengefügt.
"Du mußt gegen neun Wesen kämpfen, die nicht wollen, daß Du in ihre
Sphären eindringst" stand auf dem Pergament. "Wenn Du es schaffst,
bekommst Du Maki, einen Freund".
Drei Versuche brauchte Miwin, bis es ihm gelang, durch die
gegnerischen Reihen zu schlüpfen, das gab Kraft. Gleich wollte er
noch eins spielen, doch da stand plötzlich der Maki neben ihm, putzte
sich seinen Schwanz und sagte "Du mußt nun zu neuen Ufern gehen".
"Aber ein See hat nur ein Ufer", bemerkte Miwin. "Aber ein Meer hat
viele Ufer" entgegnete der Maki und düftelte seinen Schwanz neu ein.
"Und zu welchen meinst Du, lieber Maki, soll ich gehen? Und wie komme
ich dort hin?" - "Zahlen erzählen, also greife zu den Würfeln, es
sind die Deinen."
Miwin nam die Würfel vom Tisch und ließ sie durch die Hände gleiten,
es war ein angenehmes Gefühl, er schloß die Augen und öffnete die
Hand. "Es muß doch möglich sein, so alle Zahlen von eins bis neun zu
würfeln, daß ich bei eins anfange, und dann eine Zwei im zweiten Wurf
habe, oder vielleicht gleich zwei und drei, oder noch besser gleich
zwei, drei und vier im zweiten Wurf und so weiter, bis neun". Eins
und zwei fielen gleich im ersten Wurf und eine fünf, er ließ die fünf
liegen, nahm die anderen zwei: drei und vier und die fünf von vorher.
Jetzt nam er alle drei und bekam nur eine sechs. Nochmals, alle drei
und da waren sie, sieben, acht, neun.
Nach diesem Wurf vernahm er ein Rauschen, wie von großen Wellen. Er
blickte auf ging zur Tür und öffnete sie. Statt des Sees war ein Meer.
Der Strand war gleich, doch das Ufer krümmte sich entgegengesetzt,
Miwin war auf einer Insel.
Der Geruch von geräuchertem Fisch kam an seine Nase und ließ ihn zu
der Feuerstelle gehen, bei der ein Fischer sein Mahl bereitete. "Du
willst mein Boot" und "es soll dich an neue Ufer führen" murmelte der
Fischer, "aber dazu mußt Du vorher mit mir ein Spiel spielen, und
wenn Du gewinnst, sollst Du es haben, wenn nicht, bekomme ich deinen
rechten Daumen." Er hatte nämlich keinen. "Sei es drum" entgegnete
Miwin und der Fischer erklärte ihm die Regeln.
Miwin würfelte wie er es brauchte und gewann dieses Spiel. Er nahm
das Boot, setzte die Segel. "Du wirst Geld brauchen" rief der Fischer
ihm noch nach und warf einen kleinen Beutel mit Münzen ins Boot. Die
gute Brise brachte Miwin schnell auf’s offne Meer. Der Wind kämmte
seine Haare. Er ließ die Würfel durch seine Finger gleiten und nahm
sie in sich auf, - alles ließ sich mit ihnen machen.
Es war ein herrlicher sonniger Tag, der sich nun mit einem
Sonnenuntergang verabschiedete. Die Nacht begann. Ein Gewitter kam
auf, es wurde stockdunkel. Der Regen peitschte dermaßen, dass die
Sicht kaum bis zum Bug des Bootes reichte. Als der erste Blitz in
seiner unmittelbaren Umgebung alles erleuchtete, sah er eine Stadt
vor sich und eine Welle setzte sein Boot ziemlich unsanft auf den
Strand. Die Stadt war dunkel, kein Licht drang aus irgendeinem
Fenster. Der Regen ließ nach, die Orientierung wurde besser.
Die Straßen waren weit und viele Bäume und Sträucher zierten die
Grünflächen. Es könnte ein Vorort sein. Der Regen hörte auf
und der Wind trocknete die Kleider. Je weiter er ging, desto enger wurden die
Straßen, hin und wieder sah man Lichter und nahm Gelächter wahr. Die
Menge der Menschen auf den Straßen nahm zu, sie betrachteten die Schaufenster
mit ihrem glitzernden Inhalt. Mit jedem Schritt wurde das Geschäftsleben
mehr, Einkäufe wurden erledigt, die Café-Häuser waren gut besucht.
Miwin gelangte zu einer Halle, die voll mit Menschen war, es war eine Spiel-Halle.
Die Spieler setzten Jetons auf Felder eines Spielbretts, jedes Feld
war durch zwei Zahlen markiert. Gewürfelt wurde mit allen drei
Würfeln, kam eine Zahl eines gesetzten Feldes, so bekam man einen
halben Jeton dazu, kamen beide Zahlen eines gesetzten Feldes, so
bekam man zwei Jetons dazu. Ja, da konnte man auch auf Pasch spielen,
man bekam dann 29 Jetons dazu. Nach zwei halben Jetons, die Miwin
gewann, er setzte zuerst nur auf ein Feld, später auf zwei Felder,
und schließlich auf drei Felder, dachte Miwin an die Worte des
Fischers "Du wirst Geld brauchen", und änderte seine Strategie, er
setzte nur noch auf Pasch-Felder. Und das solange, bis er genug zu
haben glaubte.
Miwin ging tiefer in die Halle hinein, und stellte fest, daß sich die
Räuml;ichkeiten fortsetzten. Die letzte Tür war offen und man
erblickte einen wunderschönen Schloßpark, große Bäume, viele Brunnen,
die Beleuchtung erzeugte durch die Schattenspiele im Wind wundersame
Schemen.
Am Eingang zum Park stand eine Frau und sang, mit sphärischen Klängen
auffordernd, sich ihr zu nähern. "Was willst Du?" fragte Miwin sie.
"Ich will mit dir spielen" und dabei sah sie ihm tief in die Augen
und schlang ihre Arme um ihn. "Ich brauche neuen Schmuck", und rieb
ihre Beine an ihm. "Doch Du willst zum Ynte, dem Herrn der vier
Ritter, gewinnst Du, lass ich dich durch den Park, verlierst Du,
bekomm ich ein Drittel deines Vermögens.
- Gib acht, bevor Du zum
Ynte kommst, mußt Du drei Spiele machen, bring sie auf die Reihe,
dann gelingt es. Jetzt zu uns, spielen wir."
Nachdem Miwin die Würfel schon recht gut kannte, war es ihm ein
Leichtes, das Spiel zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Sie gab ihm
den Weg frei mit der Hinweis "Beim ersten sei schnell wie ein Wiesel".
Er machte sich auf den Weg zum Schloß, das in der Ferne kaum zu
sichten war, da nur einige Fenster erleuchtet waren. Nur die, gegen
den inzwischen aufgegangenen Mond sich abzeichnende Silhouette war
deutlich erkennbar. Überall leuchteten Augen aus den Büschen und von
den Bäumen hervor und ein Wispern und Raunen war zu vernehmen.
Merkwürdiges Benehmen, dachte Miwin, doch da sprangen schon einige
Gestalten heran und zupften ihn an den Kleidern. Das war lästig,
besonders, da sie sehr flink und behände waren. Und es wurden immer
mehr und sie wurden immer dreister. Miwin griff zu den Würfeln, in
der Hoffnung diesen Plagegeistern zu entkommen, da stellte sich
solch ein Wicht direkt vor ihn und schrie mit quäkendender Stimme:
"Halt, Du kannst uns nur entkommen, wenn Du gegen fünf von uns ein
Spiel spielst, Du mußt mehr als die Hälfte der Partien gewinnen,
verlierst Du, fressen wir Dich auf", und seine Zunge fuhr genüßlich
über seine Lippen. "Und wenn ich nicht will?" - "Dann fressen wir
Dich auch auf, also überleg es Dir". Die letzte Bemerkung war
überflüssig, denn es blieb ja wenig Wahl.
Sei schnell, wie ein Wiesel, erinnerte Miwin sich. "Na gut, erläutere
mir die Regeln".
Die ersten beiden Spiele verlor Miwin, da er taktisch noch nicht so
gut eingestellt war, doch nachdem er das Spielsystem durchschaut
hatte, bereiteten ihm die folgenden wenig Probleme. Nach dem letzten
Spiel verschwanden diese Wesen mit affenartigen Bewegungen in der
Dunkelheit.
Miwin dachte an die Worte der singenden Frau, die etwas von drei
Spielen sprach, galten die letzten fünf Partien als ein Spiel? Wenn
ja, dann mußte er noch zwei Spiele gewinnen, um zum Ynte vorzudringen.
Bis zum Schloß war es nicht mehr weit, als zwei Wächter ihm den Weg
verstellten, man sah ihnen an, daß nicht gut Kirschenessen mit ihnen
ist. Grimmig meldete der größere von beiden sich zu Wort: "Wir sind
die Wächter des Palastes, nenn uns Dein Begehren". "Ich möchte zum
Ynte, denn ich brauche seinen Rat". "Zum Ynte ist es schwierig zu
kommen, es gibt drei verbotene Wege, die einen, sollte man sie
betreten, zu Stein erstarren lassen. Doch kann man sie ändern. Da wir
sehen, dass Du guten Willens bist, muß ich Dich, willst Du zum Schloss,
erst auf die Probe stellen, bestehst Du sie, darst Du weiterziehen.
Wenn nicht, verlierst Du die Hälfte deines Vermögens und darfst um
die zweite Hälfte nochmals ein Spiel wagen. Bei diesem Spiel wird
nicht gewürfelt". "Was macht man dann mit den Würfeln?" wunderte sich
Miwin. "Sie ändern die Wege" war die Antwort und es wurden ihm der
Spielablauf beschrieben.
Das war ein hartes Match, doch Miwin lernte durch Umgehung der
verbotenen Wege zum Schloss zu kommen.
Doch das Tor war versperrt. Nach mehrmaligem Klopfen waren
schlurfende Schritte zu hören. Als das knarrende Portal den Blick ins
Innere freigab, übersah er fast den Zwerg, der die Hand aufhielt und
ihn mit den Worten "Willst Du hinein, so kostet es dich zwei Drittel
deines Vermögens, um das letzte Drittel spielen wir, denn der Ynte
mag niemanden sehen, der sein Spiel nicht beherrscht" begrüßte. Zum
Ynte zu kommen, war nicht so einfach, doch Miwin gab dem Zwerg den
geforderten Tribut. Es war ein Taktik-Spiel, leicht durchschaubar,
das Würfelpech brauchte Miwin nicht zu fürchten.
So wird man also Nachbar vom Ynte, dachte sich Miwin, als sie das
Spiel beendet hatten, er hatte wieder etwas gelernt. "Du wirst in
einen Saal kommen, da liegt auf einem Kissen ein kleines
Schlängelchen, geh nicht an ihr vorbei, es ist Bitis, die Hüterin des
heiligen Wassers".
Miwin steckte die Würfel in die Tasche und ging
durch die Eingangshalle auf die breite Treppe zu. Doch genau, als er
die erste Stufe betrat, öffnete sich vor ihm ein Saal, der total
verspiegelt war, nicht nur die Wände, nein auch die Decke und der
Boden.
Es war taghell, doch man konnte keine Lichtquelle entdecken,
es gab auch keinen Schatten. Es gab nur eine Tür in diesem Raum, sie
lag am anderen Ende. Auf diese ging Miwin zu. Fast in der Mitte des
Saales, bemerkte er das rote Kissen, auf dem zusammengerollt ein
Schlängelchen, scheinbar eingeschlafen, ruhte.
"Wo kommt das Licht her", fragte Miwin und beugte sich hinab. "Es
kommt aus deinem Inneren" antwortete Bitis "und ich empfange es" und
dabei räkelte sie sich und erhob den Kopf ein wenig. "Zum Ynte gehts
durch diese Wand" und dabei deutete sie mit ihrer Schwanzspitze in
die Richtung der Wand, in der zuvor noch die Tür zu sehen war,
- oder doch nicht? "Der Weg dorthin ist nicht einfach", setzte Bitis
fort, "doch ich will ihn dir zeigen, setz dich zu einem Spiel".
Merkwürdig veschlungene Wege wurden aufgezeigt, denn die Wand wehrte
sich gegen ein Näherkommen. Doch Miwin prägte sie sich während des
Spiels gut ein. Er dankte Bitis und machte sich auf den Weg über den
Spiegelboden. Immer wenn er ein bißchen vom Weg abkam, spührte er
einen leichten Widerstand, was ihm half, sich neu zu orientieren.
Als er die Wand endlich berührte, befand er sich in einem kleinen
runden Dom, neun Säulen aus schwarzem Granit zierten die Wände,
welche mit bunten Mosaikbildern verziert waren.
Nach jeder dritten
Säule gab es eine eisenbeschlagene Holztüre und in der Mitte des
Raumes stand ein fünfeckiger Tisch. Um diesen Tisch herum saßen fünf
Gestalten, von denen sich einer besonders von den anderen abhob. Er
hatte einen langen weißen Bart, der sich malerisch über seine
schwarze Kutte wand. Seine weißen Haare bildeten ebenso einen
Kontrast auf seinen Schultern, er wirkte wie ein Zauberer im Märchen.
"Ich bin Ynte" stellte sich dieser vor, nachdem er sich erhoben hatte,
und schritt auf Miwin zu. "Und dies sind meine vier Ritter", fügte er
hinzu. "Du mußt nun deine Würfel weihen, ihnen Nahmen geben und ihre
Bereiche bestimmen. Hinter einer der drei Türen ist die Schale mit
dem heiligen Wasser, aber wie findest Du sie? Was würdest Du sagen,
wenn Du zweimal wählen dürftes, und ich dir nach der ersten Wahl eine
von den nichtgewählten Türen zeige, hinter der Du nur die Hölle
findest. Würdest Du die Türe wechseln, oder würdest Du zu der zuerst
gewählten Türe gehen?"
Ich würde sie wechseln, meinte Miwin. "Gut, damit Du die richtige
Wahl triffst, bringen wir die drei Würfel in eine Reihe, machen wir
das Spiel". Es war ein unheimlich spannendes Spiel, bei dem die Köpfe
rauchten. Zudem hatte Miwin die Würfel nun auch räuml;ich ergründet.
Er brachte die Würfel in eine Linie, folgte ihr mit den Augen und
entdeckte die Tür, die sich soeben öffnete. Geh hinein, sagte Ynte,
und denk an meine Worte.
Miwin schritt durch die Tür. Ein kleiner dunkler Raum umgab ihn, die
Tür schloß sich hinter ihm. Auf einem Stein befand sich eine große
flache metallene Schale, bis zum Rand mit Wasser gefüllt, von Licht
durchsetzt. Das Wasser wird überschwappen, dachte Miwin, wenn ich die
Würfel hinein gebe, - aber dem war nicht so.
Kaum berührten die
Würfel die Wasseroberfläche, zerrannen sie in ihm, sie lösten sich
auf in Linien, die zu rotieren anfingen, schneller und immer
schneller. Das Wasser fing an zu brodeln.
Nun nenne mir ihre Namen!,
war eine Stimme zu hören und, was sollen sie sein? Die Stimme schien
aus dem Wasser zu kommen, aber so genau war das nicht zu bestimmen.
"Drei heißt ‘Hol 834’, Vier heißt ‘Hol 672’ und Fünf heißt ‘Hol 159’.
Es sind Seele Geist und Körper"
"So sei es".
Das Wasser beruhigte sich, wurde klar und gab den Blick auf drei
Würfel frei, drei Würfel, die die Zahlen von eins bis neun aufwiesen,
jede Zahl kam zweimal vor. Sie schwebten in der Mitte des Beckens und
rotierten langsam umeinander. Jetzt sah es so aus, als ob sie das
Wasser in sich aufsögen, denn dieses löste sich von seiner Umgebung,
wurde immer weniger und schließlich verschwand der Rest in den drei
Würfeln. Diese hatten nun einen ganz eigenen metallenen Glanz. Jetzt
waren sie geweiht.
Miwin griff nach ihnen. Sie fühlten sich noch geschmeidiger an, als
zuvor. Das Material war unbekannt. Es ließ sich keine Temperatur
spühren und doch gaben sie Kraft. Er steckte sie ein.
Unversehens befand sich Miwin wieder im Bazar. Sator, Maki und Ynte
saßen um einen Tisch und schauten ihn erwartungsvoll an, Bitis, das
Schlängelchen stubste ihn mit ihrem Schwanz, was so auszulegen war
wie, na nun mach schon, sie wollen spielen, gib ihnen die Würfel.
Miwin kramte die Würfel aus der Tasche setzte sich zum Tisch. Ich
schau euch jetzt gern zu, meinte er, ließ die Würfel über den Tisch
rollen und lehnte sich genüßlich zurück.
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